Als wir heute Morgen zum Ausgangspunkt unserer Wanderung von Funchal aus starten, hängen über den Bergen im Norden dunkle Wolken. Ein Bus bringt uns nach etwa 30 Minuten zum Start. Hier nieselt es leicht. Wir nehmen von einer Nebenstraße aus den Einstieg zur Levada des Nordens zwischen den Orten Ribeira Brava und Campanario und unweit des Tunel da Ribeira Brava. Wenn man die nördliche Levada ganz erwandern möchte braucht man etwa 4-4,5 Stunden.
Die Levadas sind das alte Bewässerungssystem der Insel und versorgen noch heute die vielen terrassenförmigen Felder an den steilen Berghängen und den Süden der Insel mit Wasser. Dort wird neben Wein auch Obst und Gemüse angebaut. Anders als in den Steillagen der Mosel haben die Menschen hier jedoch keine Maschinen oder Zahnradtraktoren, um die steilen Hänge zu bewirtschaften. Aus diesem Grund sind viele der früher bewirtschafteten Flächen heute Brachland.
Die Levadas fangen das Regenwasser im Norden und in den Bergen im Zentrum der Insel auf und transportieren es über weite Strecken in die Orte entlang der Küste und die Felder im Süden. Ihr Netz erstreckt sich über die gesamte Insel und viele von Ihnen kann man erwandern. Die ersten wurden bereits im 15. Jahrhundert angelegt. Damals verfügte König Johann II., dass kein Landeigentümer den Bau, die Instandsetzung oder die Nutzung der Levadas behindern durfte. Auch wurde das Wasser durch von ihm eingesetzte Levada-Beauftragte den Landeigentümern zugeteilt. Das gesamte Levadasystem wird mit 800-5000 km Länge angegeben, je nachdem, ob man die vielen kleinen Verzweigungen zu den einzelnen Terrassenfeldern mitzählt oder nicht. Die jüngste und modernste Levada, die Levada dos Tornos, wurde erst 1966 in Betrieb genommen. Sie hat eine Länge von 106 km und bewässert 9900 ha Land. Ein Elektrizitätswerk ist mit ihr verbunden. Auf der gesamten Insel gibt es 3 Elektrizitätswerke, die mit Hilfe der Levadas Strom erzeugen. Da das Wasser immer gleichmäßig fließen muss, werden die Levadas regelmäßig gewartet. Deshalb sind alle Levadas begehbar, entweder auf der Levadamauer oder auf einem Weg neben dem Kanal, dem Passeio da levada. (Quelle: Wikipedia)
Wir wandern entlang des Wasserkanals in gemütlichem Tempo und zu dieser frühen Stunde stetig der Sonne entgegen. Der Weg neben dem Kanal ist manchmal sehr schmal und führt unmittelbar an steilen Berghängen entlang. Die Landschaft und die Ausblicke von den schmalen Pfaden sind einmalig. Die Insel ist wunderschön grün und es blühen Weihnachtssterne, Dahlien, Hibiskus und hunderte andere Blumen. Unsere Tour führt stetig bergab. Dabei ist das Gefälle kaum spürbar. Das Wasser in der Levada ist da deutlich schneller als wir unterwegs. Etwa auf halber Strecke erreichen wir einen kleinen Rastplatz, wo wir am Waldsaum im Schatten kurz ausruhen. Dann halten wir uns rechts und gehen weiter in Richtung Küste. Hier gibt es atemberaubende Ausblicke auf den Norden der Insel und über die Küste. Madeira hat ein gut ausgebautes Straßennetz, oftmals mit EU-Mitteln erneuert oder errichtet. Gleichwohl bieten die meisten Straßen, insbesondere in den Ortschaften, gerade Platz für 2 Autos und an den Straßenrändern wird zudem häufig geparkt, so dass nur ein Auto passieren kann. Nach etwa 6,5 km erreichen wir die ersten Häuser des Ortes Quinta Grande, wo uns der Bus wieder aufnimmt und zurück nach Funchal bringt.